Sprachliche Operatoren im Unterricht thematisieren
Mira Werner, Dr. Hanna Sauerborn
Pädagogische Hochschule Freiburg
Freiburg 2018
Den gesamten Text mit zahlreichen Abbildungen zu den Operatoren finden Sie hier als PDF:
Worum geht es?
Operatoren sind Verben, die im schulischen Kontext beschreiben, was jemand machen soll. Beispiele für Operatoren sind nennen, erklären, umschreiben oder vergleichen (Tajmel und Hägi-Mead 2017). Solche Wörter werden in allen Unterrichtsfächern benötigt, um Aufgaben oder Anweisungen zu formulieren (Tajmel und Hägi-Mead 2017).
Operatoren implizieren oft gewisse sprachliche Handlungen, wie z.B. bei Wörtern wie erklären, beschreiben oder erläutern. Vor allem aber geben sie den Schülerinnen und Schülern vor, wie Aufgaben gelöst werden sollen (Tajmel 2011). Sie sagen den Schülerinnen und Schülern also, was sie bei einer konkreten Aufgabe zu tun haben.
Operatoren und ihre Rolle im Unterricht
Erwartungen zu Operatoren
Dementsprechend sind Operatoren immer mit gewissen Erwartungen verbunden (Tajmel und Hägi-Mead 2017). Diese Erwartungen können aber je nach Fach und Lehrperson variieren (Tajmel 2011). So hat beispielsweise der Operator skizzieren im Mathe-, Kunst- und Deutschunterricht eine völlig unterschiedliche Bedeutung. Lehrpersonen sollten sich dieser mit dem Operator verbundenen Erwartung bewusst sein und sie im Unterricht klar kommunizieren. Das heißt, dass sie sich für die jeweiligen Arbeitsaufträge überlegt, was von den Lernenden genau gefragt ist: Die Lehrkraft könnte also zum Beispiel im Unterricht eine Aufgabe, die den Operator nennen beinhaltet, stellen. Während der Formulierung dieser Aufgabe hat sie vermutlich eine Musterlösung im Kopf, die mit Erwartungen an die Lernenden verbunden ist: Welche Handlungen sollen von den Kindern ausgeführt werden? Welche sprachlichen Aspekte sollten dabei beachtet werden? Wie sieht eine optimale Lösung der Aufgabe aus? Beispielsweise könnte die Erwartung der Lehrkraft an die Lernenden beim Operator nennen sein, dass die Kinder verschiedene Merkmale eines Phänomens stichwortartig aufführen. Schriftsprachlich müssen die Schülerinnen und Schüler neben der Formulierung der einzelnen Punkte dabei Kommata zwischen die einzelnen Stichworte setzen und einheitlich Artikel verwenden.
Wichtig ist, dass die Lehrkraft diese sprachlichen und inhaltlichen Erwartungen hinterfragt und reflektiert. Um eine Transparenz zu schaffen, sollte sie sie außerdem im Unterricht explizit ansprechen und sprachlich herausfordernde Operatoren gemeinsam mit den Lernenden erarbeiten.
Operatoren im Bildungsplan
Auch im Bildungsplan spielen Operatoren eine große Rolle. Sie werden dort zur Beschreibung der zu erlangenden Kompetenzen verwendet (Tajmel 2011). Im Bildungsplan Sachunterricht der Grundschule wird beispielsweise als eine Teilkompetenz „mindestens ein Tier und eine Pflanze als typischen Vertreter dieses Lebensraums beobachten, betrachten und beschreiben” genannt (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2016). Allein diese Kompetenzformulierung enthält schon drei verschiedene Operatoren. Die einzelnen Operatoren der verschiedenen Fächer der Sekundarstufe werden im Bildungsplan aufgelistet und erläutert.[1] Für den Bildungsplan des Grundschulunterrichts existieren solche Listen jedoch nicht. Umso wichtiger ist es, dass Lehrkräfte die eigenen Erwartungen, die sie mit Operatoren verbinden, festhalten und im Unterricht explizit thematisieren.
erklären
Unbekannte Operatoren – Hürden im Kontext des Lernens?
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass Schülerinnen und Schüler sich die Bedeutung von Operatoren selbstständig erschließen können. Gerade für DaZ-Lernende, aber auch für andere Schülerinnen und Schüler, können Operatoren eine sprachliche Hürde darstellen. Versteht ein Kind die Bedeutung des Operators nicht und kann diese auch nicht herleiten, ist die korrekte Lösung einer Anweisung nicht möglich.
Thematisierung der Operatoren für mehr Chancengleichheit
Um eine Transparenz und Chancengleichheit bei der Bewertung von Aufgaben zu schaffen, ist daher eine Thematisierung von Operatoren im Unterricht unabdingbar (Tajmel und Hägi-Mead 2017). Alle Kinder sollten verstehen, was mit dem jeweiligen Operator verbunden ist und was er meint. Das Aufgreifen der Operatoren sollte immer wieder vollzogen werden, so dass die Bedeutung verschiedener Operatoren für die Kinder immer greifbarer und verständlicher werden.
Tipps für den Unterricht
Einbezug in die Unterrichtsplanung
Schon bei der Planung jeglichen Unterrichts sollte eine Auseinandersetzung mit den zu verwendenden Operatoren stattfinden. Zum einen muss darauf geachtet werden, dass die Schülerinnen und Schüler innerhalb einer Unterrichtsstunde nicht durch eine zu große Varianz an Operatoren überfordert werden. So kann man sich als Lehrperson zum Beispiel innerhalb einer Unterrichtsinheit zwischen erläutern oder erklären als Operator entscheiden. Der jeweils andere Operator kann dann zu einem anderen Zeitpunkt eingeführt werden.
Zum anderen sollte sich die Lehrperson der eigenen Erwartungen, die sie mit einem Operator verbindet, bewusst werden. Dafür bietet sich das Nutzen eines Planungsrahmens an, wie ihn zum Beispiel Tajmel und Hägi-Mead oder Gibbons entwickelt haben (Tajmel und Hägi-Mead 2017; Gibbons und Cummins 2002). In diesem werden die sprachlichen Handlungen und Erwartungen, die mit den genutzten Operatoren in Verbindung stehen, festgehalten. Ein Beispiel für einen solchen Planungsrahmen finden Sie hier in unserem Dokument zur Fachsprache (siehe http://euliteracy.eu/wp-content/uploads/2018/04/Fachsprache-Schmetterling.pdf).
Explizite Thematisierung
Werden im Unterricht Operatoren genutzt, die den Lernenden bisher unbekannt waren, sollten diese explizit eingeführt werden. Dafür kann zum Beispiel im Plenum eine Aufgabe mit dem gleichen Operator beispielhaft gelöst werden. Anhand der gefundenen Lösung werden dann die sprachlichen Handlungen, die mit einem Operator in Verbindung stehen, erarbeitet.
Ist die Aufgabe also zum Beispiel: Beschreibt das Laubblatt, das vor euch liegt! könnte diese zunächst gemeinsam im Plenum gelöst werden. Die Schülerinnen und Schüler könnten dabei zum Beispiel die Form, die Farbe oder die Anordnung der Adern des Blattes beschreiben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dabei auch unpassende sprachliche Handlungen ausgeführt werden. So könnte beispielsweise ein Schüler stichwortartig Merkmale des Blattes aufzählen (z.B. „grün, gezackt, groß“). Das dient dann als Anlass zur Abgrenzung dieses Operators von Anderen. Es könnte also besprochen werden, dass bei dem Operator beschreiben vollständige Sätze sinnvoll erscheinen, während der Operator nennen Stichpunkte verlangt.
In einer Metaphase wird anschließend reflektiert, was beschreiben denn heißt. Dabei könnte man beispielsweise zu dem Ergebnis kommen, dass beschreiben impliziert, dass Merkmale von Gegenständen oder Abläufen in vollständigen Sätzen aufgeführt werden (Tajmel 2011).
Wichtig ist jedoch, dass die Bedeutung der Operatoren nicht nur bei ihrer ersten Einführung besprochen, sondern immer wieder thematisiert werden.
Nutzung von Visualisierungen
Als Hilfestellung für die Besprechung können Visualisierungen genutzt werden. Diese verdeutlichen die Bedeutung der Operatoren, ohne dass sie versprachlicht werden muss. So haben auch Kinder, die ein geringes Sprachniveau haben, die Möglichkeit, den Operator zu verstehen. Außerdem können die Visualisierungen verwendet werden, um den Lernenden die Bedeutung der Operatoren immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, ohne dass diese explizit thematisiert werden muss. Neben verbalen Aufgabenstellungen können also zum Beispiel die entsprechenden Visualisierungen gedruckt werden, um die Kinder an ihre Bedeutung zu erinnern.
Beispiele für solche Visualisierungen sind in der PDF am Anfang dieser Seite.
Nutzung bekannter Operatoren bei Leistungsüberprüfungen
Um eine Chancengleichheit zu gewährleisten, sollte bei Leistungsüberprüfungen darauf geachtet werden, nur Operatoren zu wählen, die den Schülerinnen und Schülern bekannt sind. Als Hilfestellung können außerdem entsprechende Visualisierungen genutzt werden.
Literaturverzeichnis
Gibbons, Pauline; Cummins, Jim (2002): Scaffolding language, scaffolding learning. Teaching second language learners in the mainstream classroom. [Nachdr.]. Portsmouth, NH: Heinemann.
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (2016): Billdungsplan der Grundschule Sachunterricht. Stuttgart. Online verfügbar unter http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GS/SU, zuletzt geprüft am 05.11.2017.
Tajmel, Tanja (2011): Sprachliche Lernziele des naturwissenschaftlichen Unterrichts. Online verfügbar unter https://www.uni-due.de/imperia/md/content/prodaz/sprachliche_lernziele_tajmel.pdf, zuletzt geprüft am 23.10.2017.
Tajmel, Tanja; Hägi-Mead, Sara (2017): Sprachbewusste Unterrichtsplanung. Prinzipien, Methoden und Beispiele für die Umsetzung. 1. Aufl. Münster, New York: Waxmann (FörMig Material, Band 9).
Die in diesem Dokument verwendeten Zeichnungen stammen von Manuela Ostadal (München). Die Rechte für die Bilder liegen bei den verschiedenen Projektpartnern von MLM. Die Verwendung für unterrichtliche (nicht kommerzielle) Zwecke ist mit Hinweis auf das Projekt gestattet. Eine kommerzielle Weiterverwendung ist ausgeschlossen.
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